Aktuelles Steuer- und Sozialrecht in der Kurzübersicht

 

 

Aktuelle Mandanteninformationen

 

 

Die Mandanteninformation für März 2024

 

  • Zum Recht auf Urlaubsabgeltung bei vorzeitigem Ruhestand
  • Pensionszusage: Sanierungsbedingte vorzeitige Ablösung
  • Gartengrundstück: Wann der Verkauf steuerpflichtig ist und wann nicht
  • Privates Veräußerungsgeschäft: Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bei Überlassung an (Schwieger-)Mutter
  • Doppelte Haushaltsführung: Kosten auch in einem Wegverlegungsfall abziehbar?
  • Klage auf Auszahlung der Energiepreispauschale: Arbeitgeber ist der falsche Beklagte
  • Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung bei Freiwilligendienst zwischen mehreren Ausbildungsabschnitten
  • Einspruch per E-Mail: Wer muss den Zugang nachweisen?
  • Kosten für Privatschulen sind keine Krankheitskosten
  • Corona-Überbrückungshilfen sind steuerpflichtig
  • Gewinnaufschlag für die Auflösung einer § 6b EStG Rücklage ist verfassungskonform

 

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen erstellt. Eine Haftung für den Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden. Die Hinweise und Informationen können eine fundierte Beratung durch Fachleute nicht ersetzen.

Zum Recht auf Urlaubsabgeltung bei vorzeitigem Ruhestand

 

Wer vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet und seinen Resturlaub bis dahin nicht genommen hat, kann dafür Urlaubsabgeltung verlangen. Das gilt auch bei einem freiwilligen vorzeitigen Ruhestand.

Hintergrund

Der Arbeitnehmer war von 1992 bis Oktober 2016 im öffentlichen Dienst als Verwaltungsleiter bei der Gemeinde Copertino beschäftigt. Als er vorzeitig in den Ruhestand ging, verlangte er eine finanzielle Vergütung für 79 Resturlaubstage, die er bis zu dem Zeitpunkt nicht genommen hatte. Der Arbeitgeber, die Gemeinde, verweigerte dies unter Hinweis auf eine italienische Regelung, nach der Angestellte im öffentlichen Dienst keinen Anspruch auf finanzielle Vergütung für bis dato nicht genommenen Jahresurlaub haben, wenn sie auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden.

Entscheidung

Der EuGH stellte in seinem Urteil fest, dass eine nationale Regelung, die eine finanzielle Abgeltung des Urlaubs verbietet, EU-Recht widerspricht. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub, einschließlich seiner etwaigen Ersetzung durch eine finanzielle Vergütung, dürfe nicht rein wirtschaftlichen Überlegungen wie der Eindämmung öffentlicher Ausgaben untergeordnet werden. Daher habe der Arbeitgeber, die Commune di Copertino, den Ausschluss der Urlaubsabgeltung nicht damit begründen dürfen, dass dadurch öffentliche Ausgaben geringgehalten werden sollen.

Der Gerichtshof machte deutlich, dass der Arbeitgeber nach der EU-Arbeitszeitrichtlinie zwar die ordnungsgemäße Planung des Urlaubszeitraums vornehmen müsse, das vorrangige Ziel der Richtlinie jedoch darin bestehe, dass Arbeitnehmende sich erholen und Arbeitgeber Sorge dafür tragen müssten, ihre Beschäftigten dazu anzuhalten, den Jahresurlaub zu nehmen.

Dementsprechend bestätigte der EuGH in seinem Urteil seine bisherige Rechtsprechung und wies erneut darauf hin, dass der Urlaubsanspruch oder der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nur in wenigen Ausnahmen verfallen dürfen. Hierzu müsse der Arbeitgeber nachweisen können, dass der Mitarbeiter den Urlaub aus freien Stücken nicht genommen habe, obwohl der Arbeitgeber ihn zuvor auf den möglichen Verfall am Ende eines Bezugs- oder Übertragungszeitraums hingewiesen und zudem dazu aufgefordert habe, den Urlaub zu nehmen.

Grundsätzlich seien Arbeitgeber verpflichtet, den Nachweis, dass sie sorgfältig über die Fakten zum Urlaub und Verfall unterrichtet haben, zu erbringen. Davon seien öffentliche Arbeitgeber nicht ausgenommen, stellte der EuGH fest. Ob der Arbeitgeber nachweisen könne, dass er mit aller gebotenen Sorgfalt gehandelt habe, um den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage zu versetzen, den ihm zustehenden bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, müsse aber das nationale Gericht prüfen.

 

 

Pensionszusage: Sanierungsbedingte vorzeitige Ablösung

 

Eine Kapitalabfindung einer gegenüber dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer bestehenden Pensionszusage stellt bei betrieblicher Veranlassung keine vGA dar, wenn eine im Voraus getroffene klare und zivilrechtlich wirksame Vereinbarung vorliegt. Eine betriebliche Veranlassung kann bei einer Kapitalabfindung gegen Wegfall des Pensionsanspruchs mit dem Ziel der Sanierung angenommen werden.

Hintergrund

Die verheirateten Kläger waren gemeinsam Gesellschafter (Kläger 90 % und Klägerin 10 %) einer GmbH. Der Kläger war zudem seit Juni 2001 als Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH bestellt.

Im Jahr 2002 sagte die Gesellschaft dem Kläger eine Pension zu. Diese sollte dem Kläger bei Vollendung des 65. Lebensjahrs und Ausscheidens aus dem Dienstverhältnis zustehen. Gleichzeitig wurde eine Berufsunfähigkeitsrente sowie für das Ableben des Klägers zugunsten der Klägerin eine Witwenrente zugesagt. Eine vorzeitige Inanspruchnahme der Pension war nur für den Fall vereinbart, dass der Kläger das 60. Lebensjahr vollendet hat und die Zusage im Zeitpunkt der Inanspruchnahme mindestens 10 Jahre bestanden hat.

Die GmbH behielt sich vor, die Zusage zu kürzen oder einzustellen, wenn sich die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft nachhaltig so wesentlich verschlechtert, dass ihr eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistung nicht mehr zugemutet werden kann.

Die GmbH hatte im Hinblick auf die Zusage eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen. Ab dem Jahr 2009 gingen die Umsätze der Gesellschaft auch aufgrund einer ernsthaften Erkrankung des Klägers erheblich zurück. Ab 2011 wurde dem Kläger das Geschäftsführergehalt gekürzt. Gleichzeitig entfiel ab 2011 das Weihnachtsgeld. In den Jahren 2011 und 2012 erzielte die GmbH Verluste. Im Übrigen war die eingeräumten Kreditlinie auf dem betrieblichen Bankkonto im Jahr 2012 erheblich überschritten.

Bei der Gesellschafterversammlung im Jahre 2012 wurde beschlossen, dass die Pensionszusage zugunsten des Klägers zum 1.12.2012 aufgehoben und mit dem Kläger eine Abfindungsvereinbarung getroffen werden sollte. Gleichzeitig wurde die bestehende Rückdeckungsversicherung aufgehoben.

Danach leistete die GmbH im Dezember 2012 im Hinblick auf die Auflösung der Pensionsvereinbarung eine Zahlung von 66.000 EUR (der erdiente Teil der Anwartschaft belief sich auf 77.000 EUR). Der Kläger gewährte der GmbH im Gegenzug ein Darlehen von 13.000 EUR. In der Lohnabrechnung für Dezember 2012 wurde hinsichtlich der Abfindung ein Arbeitslohn von 77.000 EUR erfasst.

In ihrer Gewinnermittlung buchte die GmbH die bis dahin bilanzierte Pensionsrückstellung sowie die Forderung aus der Rückdeckungsversicherung erfolgswirksam aus und berücksichtigte körperschaftsteuerrechtlich eine verdeckte Einlage von 11.000 EUR. Eine Lohnsteuer-Außenprüfung des Finanzamts führte zu diesem Themenkreis zu keinen Feststellungen.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Klägers wurde der Arbeitslohn aus der Abfindung erklärungsgemäß i. H. v. 77.000 EUR erfasst. Ab April 2013 wurde das Geschäftsführer-Gehalt des Klägers von bisher 3.900 EUR auf 2.600 EUR reduziert. Im Jahr 2013 erhöhte sich der Umsatz der GmbH und verringerte sich in den folgenden Jahren nur geringfügig.

Im Jahre 2017 führte das Finanzamt bei der GmbH eine Betriebsprüfung durch, in welcher auch die Abfindung der Pensionsanwartschaft Gegenstand der Prüfung war. Im Rahmen der Prüfung wurden zur wirtschaftlichen Situation der GmbH noch folgende Erkenntnisse vorgetragen: Die Umsatzrückgänge in den Jahren 2010 und 2011 hätten zu hohen Verlusten und zur Insolvenz der GmbH geführt, wenn der Kläger keine unternehmerischen Entscheidungen getroffen hätte. Zum einen wäre die GmbH zahlungsunfähig gewesen. Jedenfalls habe Zahlungsunfähigkeit gedroht.

Das Konto der GmbH habe einen Betrag ausgewiesen, der unterhalb der vereinbarten Kreditlinie gewesen sei. Die Zahlung der Beiträge zur Rückdeckungsversicherung wäre nicht mehr möglich gewesen. Zum anderen hätte aufgrund der hohen Inanspruchnahme des Bankkontos, fehlender stiller Reserven und der Pensionsrückstellung (handelsbilanzieller Wert: 112.000 EUR) eine Überschuldung zum 30.11./30.12.2012 vorgelegen. Somit habe der Kläger im Dezember 2012 handeln müssen, um die drohende Insolvenz zu verhindern.

Es seien diverse – rückblickend betrachtet – richtige, unternehmerische Entscheidungen zur Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung getroffen worden. Die GmbH sei saniert worden. Ihr betriebliches Konto habe ein Guthaben ausgewiesen und das Gesellschafterdarlehen sei zurückgezahlt worden. Die vor den Maßnahmen drohenden Insolvenztatbestände hätten nicht mehr vorgelegen. Ein durch die Insolvenz bedrohter Handelsvertreterausgleichsanspruch sei gerettet worden.

Die Betriebsprüfung kam zu dem Ergebnis, dass die ursprüngliche Pensionszusage keine Abfindungsregelung vorsieht. Der Abfindungsplan sehe lediglich eine Zahlung i. H. v. 66.000 EUR vor, enthalte aber keine weiteren Berechnungsanweisungen. Der steuerlichen Behandlung werde seitens der GmbH der Teilwert nach § 6a EStG (Steuerbilanzansatz) zugrunde gelegt. Unter Fremdvergleichsgesichtspunkten sei vom Barwert auszugehen. Vor diesem Hintergrund sei von einer gesellschaftlichen Veranlassung der Abfindung auszugehen.

Als Übertragungswert seien 90.000 EUR anzusetzen. Hiervon sei allerdings nur der werthaltige Teil – 77.000 EUR – der Besteuerung zu unterwerfen. Dieser Betrag sei wiederum in die Auszahlung (66.000 EUR) und die verdeckte Einlage (11.000 EUR) aufzuteilen.

Im Ergebnis seien auf Ebene des Klägers eine vGA von 66.000 EUR und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von 77.000 EUR in Höhe des fiktiven Zuflusses des werthaltigen Teils der Anwartschaft zu berücksichtigen.

In der Folge der Betriebsprüfung erteilte das Betriebsstättenfinanzamt einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 2012. Überdies erteilte das Wohnsitzfinanzamt des Klägers gem. § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2012 gegenüber den Klägern. Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens berücksichtigte das Finanzamt weiterhin bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit einen Bruttoarbeitslohn von 66.000 EUR und zusätzlich Kapitalerträge von 66.500 EUR, die die im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellte vGA i. H. v. 66.000 EUR enthielten.

Hiergegen haben die Kläger Klage erhoben.

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das FG kam zum Ergebnis, dass die an den Kläger erfolgte Abfindungszahlung keine vGA darstellt, da sie betrieblich veranlasst war. Zunächst führt das FG aus, dass im Streitfall eine klare im Voraus getroffene, zivilrechtlich wirksame und tatsächlich durchgeführte Vereinbarung vorliegt.

Ein Fall einer "ad hoc"-Vereinbarung zur Kapitalabfindung der Pensionszusage kurz vor der beabsichtigten Abfindung der Pensionszusage aufgrund eines Nachtrags liegt nach der Überzeugung des Gerichts im Streitfall nicht vor. Vorliegend war nämlich die Aufhebung der Pensionszusage zunächst Gegenstand einer Gesellschafterversammlung der GmbH. Nachfolgend und auf dieser Grundlage vereinbarten der Kläger und die GmbH einen Plan zur Abfindung der Pensionszusage.

Diese hinsichtlich der jeweiligen Hauptleistungen klare Vereinbarung wurde dann umgesetzt: Die GmbH löste die Rückdeckungsversicherungen auf und leitete die aufgrund dessen von der Versicherung geleistete Zahlung als Abfindung an den Kläger weiter. Im Übrigen erfolgt die Abfindungsleistung nicht ohne Gegenleistung. Der Kläger erhielt diese Zahlung im Gegenzug für den Wegfall seines Pensionsanspruchs.

Im Ergebnis handelt es sich also um ein entgeltliches Austauschgeschäft. Aufgrund dessen erhielt der Kläger für den Wegfall der zu seinen Gunsten bestehenden Pensionszusage lediglich den Betrag, den die GmbH zuvor aufgrund der aufgelösten Rückdeckungsversicherungen erhalten hatte. Dieser Betrag von 66.000 EUR lag unter dem zum 31.12.2012 ermittelten, erdienten Anteil der Pensionsanwartschaft i. H. v. 77.000 EUR.

Die Vereinbarung zur Kapitalabfindung hält nach Überzeugung des Gerichts auch dem sog. doppelten Fremdvergleich stand. Die "Entsorgung" der Pensionszusage diente dazu, die drohende Insolvenzreife und wirtschaftliche Krise der GmbH zu beseitigen.

Andererseits hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer dem Abfindungsplan auch zu diesem Zeitpunkt zugestimmt. Angesichts der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit der GmbH und der bereits bestehenden ernsthaften wirtschaftlichen Krise hätte kein fremder Dritter als ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer der GmbH den weiteren wirtschaftlichen Verlauf und ggf. das rechtssichere Eintreten einer insolvenzrechtlichen Überschuldung abgewartet.

Auch aus Sicht des Klägers hätte ein fremder Dritter dem Abfindungsanspruch zugestimmt. Unabhängig von der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft hätten nach der Überzeugung des Gerichts auch ein nicht an einer Gesellschaft beteiligter, ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer ein Interesse daran, sich Ansprüche auf Altersversorgung frühzeitig auszahlen zu lassen. Eine solche Abfindung dient im Übrigen auch der Verhinderung des Verlusts des Arbeitsplatzes.

 

 

Gartengrundstück: Wann der Verkauf steuerpflichtig ist und wann nicht

 

Private Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken liegen vor, wenn der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt – es sei denn, das Grundstück wurde für einen bestimmten Zeitraum zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Ein Zusammenhang eines geteilten Grundstücks mit dem eigengenutzten Wohnheim liegt nicht mehr vor, wenn die Teilung zwecks Veräußerung erfolgt.

Hintergrund

Die Kläger sind verheiratet und wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Die Kläger erwarben 2014 zu je ½ ein Grundstück (3.863 qm).

Der Einzug in das Eigenheim erfolgte in 2015 nach Sanierung.

Infolge der sich nachträglich herausgestellten Bebaubarkeit des großen Grundstücks wurde dieses geteilt.

Ein Grundstücksteil von 1.000 qm wurde nach der Teilung in 2019 veräußert. Zuvor wurden Abriss- und Abholzungsmaßnahmen durchgeführt. Bis zum Verkauf wurde das geteilte Grundstück offenbar weiter als Gartengrundstück genutzt.

Das Finanzamt ging in Bezug auf den veräußerten Grundstücksteil von einem privaten Veräußerungsgeschäft aus und versteuerte rd. 66.000 EUR.

Auch das FG ging von einem privaten Veräußerungsgeschäft aus. Ein Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem weiter bewohnten Objekt liege nach Abtrennung und anschließender Veräußerung nicht mehr vor.

Entscheidung

Die Revision gegen die Entscheidung des FG ist unbegründet und wurde vom BFH zurückgewiesen. Der BFH stellte zunächst heraus, dass die Anschaffung und die Veräußerung innerhalb der 10-Jahresfrist stattgefunden habe und demnach ein privates Veräußerungsgeschäft vorliege.

Zwischen dem veräußerten und dem angeschafften Wirtschaftsgut muss eine wirtschaftliche Identität (Nämlichkeit) vorliegen. Hiervon geht der BFH aus, wenn das angeschaffte Wirtschaftsgut nach Teilung nur zum Teil veräußert wird (wirtschaftliche Teilidentität). Auch im Entscheidungsfall erbrachte Abriss- und Abholzungsmaßnahmen auf dem abgeteilten Grundstück änderten an dem Vorliegen einer Teilidentität nichts.

Das private Veräußerungsgeschäft wird nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG von der Besteuerung ausgenommen. Durch die Grundstücksteilung entfiel der einheitliche Nutzungs- und Funktionszusammenhang des neuen Grundstücksteils zu dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude nebst dazugehörigem Grund und Boden.

Mit der Teilung entstanden aus dem bis dahin einheitlichen Wirtschaftsgut Grund und Boden zwei neue Wirtschaftsgüter (Grundstücke), deren "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" jeweils getrennt zu betrachten ist.

Das abgetrennte Grundstück kann nach Auffassung des BFH zwar trotz Teilung noch in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten bebauten anderen Grundstück stehen. Im Entscheidungsfall hat der BFH diesen einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang aber abgelehnt.

Die Abtrennung der Teilfläche erfolgte zwecks Veräußerung und Bebauung durch den Erwerber. Die Abtrennung und die dokumentierte Veräußerungsabsicht überlagern den Zusammenhang mit dem eigengenutzten Gebäude und dessen Grundstück. Von einer Eigennutzung des später veräußerten Grundstücksteils ging der BFH zudem nicht aus, selbst wenn die Kläger dieses Flurstück bis zur Veräußerung als Garten genutzt haben sollten.

Unter welchen anderen Voraussetzungen ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem eigengenutzten Gebäude nebst dessen Grundstück bejaht werden kann, ließ der BFH ausdrücklich offen.

 

 

Privates Veräußerungsgeschäft: Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bei Überlassung an die (Schwieger-)Mutter

 

Die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt nicht vor, wenn einer anderen Person als dem kindergeldberechtigten Kind die Wohnung unentgeltlich überlassen wird. Eine steuerpflichtige Grundstücksveräußerung liegt daher vor, wenn eine Wohnung der (Schwieger-)Mutter zur Nutzung überlassen wird.

Hintergrund

Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Die Kläger erwarben 2009 zu je ½ eine Eigentumswohnung.

Diese Eigentumswohnung wurde bis zu ihrem Tod am 24.12.2016 an die Mutter der Klägerin unentgeltlich zur Nutzung überlassen.

Unterhaltsleistungen nach § 33a EStG machten die Kläger für die unentgeltliche Nutzungsüberlassung nicht geltend.

Nach dem Tod der (Schwieger-) Mutter wurde die Eigentumswohnung in 2017 mit Gewinn verkauft.

Die Kläger gingen von einer ausschließlichen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken aus. Demgegenüber erfasste das Finanzamt bei dem Kläger und der Klägerin einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft i. H. v. jeweils rd. 16.300 EUR.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Es liegt nach Auffassung des FG keine Nutzung der Kläger zu eigenen Wohnzwecken vor.

Entscheidung

Auch der BFH geht von einem privaten Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG aus.

Eine Besteuerungsbefreiung ergibt sich nicht, weil die Kläger die besagte Wohnung nicht selbst zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben. Allein eine Wohnsitzmeldung unter der Immobilienadresse reicht für ein Bewohnen nicht aus, wenn man sich allenfalls für Besuchsfahrten gelegentlich dort aufhält und die Wohnung ansonsten von einem Dritten zu Wohnzwecken genutzt wird.

Grundsätzlich liegt keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor, wenn die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlassen wird, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen.

Ausnahmsweise wird eine Eigennutzung bejaht, wenn ein Teil der Wohnung oder die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich nach § 32 EStG zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zur teilweisen oder alleinigen Nutzung überlassen wird.

Eine Ausweitung dieser Sonderregelung auf eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung an eine nicht kindergeldberechtigende Person – wie hier der (Schwieger-)Mutter – lehnt der BFH ab.

Bei kindergeldberechtigenden Kindern werde bei typisierender Betrachtung von einer Unterhaltspflicht und vom Anfall von entsprechenden Aufwendungen ausgegangen.

Demgegenüber wurde im Entscheidungsfall keine Unterhaltspflicht der Klägerin gegenüber ihrer Mutter festgestellt. Auch habe der Kläger gegenüber der Schwiegermutter mangels Verwandtschaftsverhältnisses keine Unterhaltspflicht zu erfüllen.

 

Doppelte Haushaltsführung: Kosten auch in einem Wegverlegungsfall abziehbar?

 

Eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung kann auch dann vorliegen, wenn der bisherige Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und in der beibehaltenen Wohnung ein Zweithaushalt begründet wird.

Hintergrund

Die Kläger sind beide Arbeitnehmer und hatten bis zum Streitjahr 2016 ihren Lebensmittelpunkt in Y. In der Steuererklärung für das Jahr 2016 gaben sie an, dass sie den "Haupthausstand" und damit den Lebensmittelpunkt im Jahr 2016 nach H verlegt hätten. Die Klägerin habe jedoch die Wohnung in Y als Zweitwohnung beibehalten und sei von dort – im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung – ihrer Berufstätigkeit nachgegangen.

Das Finanzamt hat jedoch die für die doppelte Haushaltsführung geltend gemachten Kosten nicht als Werbungskosten anerkannt, da sich nach der Gesamtwürdigung aller Umstände der Lebensmittelpunkt weiter in Y befunden habe. Die Kläger begehren im Klageverfahren weiter den Abzug der Kosten für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten.

Entscheidung

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Es hat zwar bestätigt, dass grundsätzlich eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung auch dann vorliegen könne, wenn ein Steuerpflichtiger seinen bisherigen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlege und daraufhin in der dort beibehaltenen Wohnung einen Zweithaushalt begründet, um von dort seiner bisherigen Beschäftigung nachzugehen.

Nach Würdigung des umfangreichen Sachvortrags hat das FG jedoch entschieden, dass sich der Lebensmittelpunkt der Kläger weiter in Y befunden habe, weil sich die Kläger im Wesentlichen an dem Haupthausstand in Y aufgehalten hätten. Außerdem sei davon auszugehen, dass sich bei einem verheirateten Arbeitnehmer der Lebensmittelpunkt grundsätzlich an dem Ort befinde, an dem auch der Ehegatte wohne.

Im Streitfall sei es für die Annahme des Lebensmittelpunktes in H nicht ausreichend, wenn die Klägerin nicht am örtlichen Gemeindeleben teilgenommen, dort keine Tageszeitung bezogen hätte und auch nicht ersichtlich sei, welche sozialen Kontakte sie und ihre Kinder an dem betreffenden Ort oder dessen Umgebung hatten.

 

Klage auf Auszahlung der Energiepreispauschale: Arbeitgeber ist der falsche Beklagte

 

Die sog. Energiepreispauschale wurde i. d. R. vom Arbeitgeber an Arbeitnehmer ausbezahlt. Trotzdem kann ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber nicht auf Auszahlung der Energiepreispauschale verklagen, da der Arbeitgeber nicht Schuldner der Pauschale ist. Stattdessen muss der Anspruch gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht werden.

Hintergrund

Eine angestellte Verkäuferin erhielt von ihrem wirtschaftlich angeschlagenen Arbeitgeber in den Monaten bis zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens weder Arbeitsentgelt noch die Energiepreispauschale von 300 EUR ausgezahlt; der Arbeitgeber gab in dieser Zeit keine Lohnsteuer-Anmeldungen ab (Insolvenzgeldzeitraum). Nachdem der Frau gekündigt worden war, verklagte sie ihren Arbeitgeber u. a. auf Auszahlung der Energiepreispauschale.

Entscheidung

Das FG entschied, dass der Arbeitgeber nicht Schuldner der Energiepreispauschale war und der Klage somit das Rechtsschutzinteresse fehlte. Arbeitgeber erfüllen durch die Auszahlung der Energiepreispauschale weder eine arbeitsvertragliche Leistungspflicht noch eine Zahlungspflicht, die ihnen als selbst zu erbringende Arbeitgeberleistung durch den Gesetzgeber auferlegt worden ist. Sie treten lediglich als Zahlstelle auf. Solange die Pauschale noch nicht ausgezahlt worden ist, muss der Arbeitnehmer sie gegenüber dem Finanzamt (durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung) geltend machen.

Gibt ein Arbeitgeber wie im vorliegenden Fall keine Lohnsteuer-Anmeldungen ab, erfolgt die Auszahlung der Energiepreispauschale zudem nicht durch den Arbeitgeber. Durch diese gesetzliche Regelung konkretisiert der Gesetzgeber die Funktion des Arbeitgebers als bloße Zahlstelle, denn dieser soll durch die Energiepreispauschale nicht selbst finanziell belastet werden. Vielmehr soll er den Betrag der Energiepreispauschale aus dem Gesamtbetrag der von ihm einzubehaltenden Lohnsteuer entnehmen, sodass er keine Beträge vorfinanzieren muss.

 

Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung bei Freiwilligendienst zwischen mehreren Ausbildungsabschnitten

 

Eine aus mehreren Ausbildungsabschnitten bestehende einheitliche Erstausbildung liegt nur dann vor, wenn die einzelnen Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zueinander stehen. An einem engen zeitlichen Zusammenhang fehlt es, wenn das Kind zwischen zwei Abschnitten einen Freiwilligendienst absolviert, statt die Ausbildung sogleich fortzusetzen.

Hintergrund

Die 1996 geborene A beendete mit Ablauf des Sommersemesters 2018 erfolgreich ihr Studium.

In der Zeit vom 1.10.2018 bis zum 31.5.2019 absolvierte sie ein freiwilliges soziales Jahr.

Vom 1.7. bis 30.9.2019 ging sie einer befristeten Aushilfstätigkeit als Werkstudentin nach, wobei eine wöchentliche Arbeitszeit von 25 Stunden vereinbart war.

Ab dem 1.10.2019 (Wintersemester 2019/2020) begann A den Master-Studiengang in dem Fachbereich, in dem sie zuvor das Bachelorstudium erfolgreich abgeschlossen hatte.

Der Zulassungsbescheid der Universität datiert vom 10.7.2019.

Bereits mit E-Mail vom Juli 2018 hatte der Kläger die Familienkasse über die aus damaliger Sicht zukünftigen beruflichen Pläne seiner Tochter unterrichtet.

Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung letztlich mit Wirkung ab Juli 2019 auf. Die Familienkasse sah insbesondere aufgrund des zwischenzeitlich abgeleisteten sozialen Jahres keinen engen Zusammenhang zwischen dem Bachelorstudium und dem angestrebten Masterstudium und beurteilte dieses als Zweitstudium. Die Aushilfstätigkeit als Werkstudentin von wöchentlich 25 Stunden während des Zeitraums Juli bis September 2019 wurde als kindergeldschädlich eingeordnet.

Das FG schloss sich der Auffassung der Familienkasse nicht an und gewährte für den strittigen Zeitraum Juli bis September 2019 Kindergeld. Der Masterstudiengang sei noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung. Der dazwischen absolvierte Freiwilligendienst ändere hieran nichts, auch weil bereits vor Abschluss des Bachelors die Aufnahme des Masters nachweislich beabsichtigt war. Der Freiwilligendienst sei dann integrierter Bestandteil des Ausbildungsplans.

Entscheidung

Der BFH hat den Kindergeldanspruch abgelehnt.

Zwar kann das Kindergeld grundsätzlich selbst dann gewährt werden, wenn die Tochter in dem strittigen Zeitraum Juli bis September 2019 eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht fortsetzen kann. Der Master-Studiengang begann schließlich erst ab Oktober 2019.

Dem grundsätzlich möglichen Kindergeldanspruch steht aber im Entscheidungsfall die 25-stündige wöchentliche Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Werkstudententätigkeit entgegen. Der Tätigkeitsumfang war relevant, weil das Kind seine erstmalige Ausbildung mit Abschluss des Bachelors abgeschlossen hatte.

Eine einheitliche Erstausbildung im Sinne des Kindergeldrechts liegt bei mehreren Ausbildungsabschnitten (mehraktige einheitliche Ausbildung) nur vor, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das vom Kind angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann. So ist es grundsätzlich möglich, dass die erstmalige Ausbildung im Kindergeldrecht z. B. erst mit Abschluss des Masters vorliegt.

Für eine mehraktige einheitliche Ausbildung kommt es vor allem darauf an, ob die einzelnen Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z. B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinanderstehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden.

Von einem engen zeitlichen Zusammenhang geht die Rechtsprechung nur dann aus, wenn das Kind nach seinem ersten Ausbildungsabschnitt zum nächstmöglichen Zeitpunkt den nächsten Ausbildungsabschnitt aufnimmt.

Hiervon war im Entscheidungsfall nicht auszugehen, weil sich das Kind nach dem erfolgreich abgeschlossenen Bachelor-Studium aus persönlichen Gründen für einen Freiwilligendienst entschied. Allein die Entscheidung zur Aufnahme des Masterstudiums nach dem Freiwilligendienst, die vor Beendigung des Bachelors getroffen wurde, reicht nicht aus. Durch die tatsächliche Entscheidung für den Freiwilligendienst aus persönlichen Gründen wird der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Bachelor- und dem Master-Studium unterbrochen und die Erstausbildung im Sinne des Kindergeldrechts ist mit Abschluss des Bachelors beendet.

Der kindergeldauslösende Freiwilligendienst selbst stellt keine Berufsausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG dar – entgegen der Auffassung des FG – und kann damit kein Bestandteil einer mehraktigen Ausbildung sein.

 

Einspruch per E-Mail: Wer muss den Zugang nachweisen?

 

Ein Einspruch muss fristgerecht eingereicht werden. Dem Steuerpflichtigen obliegt dabei der Nachweis des Zugangs eines per Mail eingelegten Einspruchs.

Hintergrund

Am 8.8.2018 erließ das Finanzamt Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2015 bis 2017, in denen verschiedene Werbungskosten nicht anerkannt wurden.

Im Mai 2019 teilte das Finanzamt per E-Mail mit, dass zu diesen Bescheiden im Finanzamt kein Einspruch vorliege. Der steuerliche Vertreter des Klägers übersandte hierauf als E-Mail-Anhang am 31.5.2019 eine E-Mail vom 30.8.2018, mit der (fristgerecht) Einspruch eingelegt wurde. Die E-Mail-Adresse des Finanzamts war hierbei zutreffend verwendet worden.

Das Finanzamt teilte im Juni 2019 mit, dass dieser Einspruch aus dem August 2018 nicht eingegangen sei, der Einspruch sei damit erst im Mai 2019 erhoben worden. Der Einspruch sei deshalb verfristet. Der Kläger wandte sich hierbei gegen diese Entscheidung des Finanzamts. Er trug vor, dass ihm Fehler des Finanzamts nicht anzulasten seien. Hilfsweise beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Entscheidung

Der Kläger hatte beim Finanzgericht Erfolg, allerdings "lediglich" mit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Einspruchsfrist sah auch das Finanzgericht als überschritten an, da der Kläger den Zugang der E-Mail vom 30.8.2018 nicht nachgewiesen habe. Hierfür trage der Kläger die Beweislast. Bei einem Einspruch per E-Mail obliege es dem Versender der Mail, den Empfang nachzuweisen, da er diese Art der Übermittlung des Einspruchs freiwillig gewählt hat. Allerdings sei dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da die Voraussetzungen des § 110 AO erfüllt seien.

Der Kläger sei ohne sein Verschulden verhindert gewesen, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auch sei die versäumte Handlung innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses nachgeholt worden. Ein Verschulden des Klägervertreters sei deshalb nicht gegeben, da die Mail vom 30.8.2018 an die richtige Adresse versandt worden sei und auch nicht als unzustellbar zurückgekommen sei. Zudem sei eine Kopie dieser E-Mail zutreffend zugestellt worden. Das Einholen einer Lesebestätigung sei nicht erforderlich, da es hierzu insbesondere von Seiten der Finanzverwaltung keine Vorgaben gebe.

 

Kosten für Privatschulen sind keine Krankheitskosten

 

Die Kosten für den Privatschulbesuch eines hochbegabten Kindes sind nicht als Krankheitskosten abziehbar, wenn der Schulbesuch nicht zum Zweck einer Heilbehandlung erfolgt.

Hintergrund

Die Kläger sind Eltern eines Kindes, das an einer psychisch-somatischen Erkrankung litt. Ein daraufhin durchgeführter Intelligenztest ergab, dass das Kind explizit hochbegabt war. Ein Amtsarzt stellte fest, dass das Kind eine besondere Lernbegabung hatte und in der Regelschule keine entsprechende Förderung erhielt. Die schulische Unterforderung führe zu den behandlungsbedürftigen psychosomatischen Beschwerden.

Die Eltern nahmen Kontakt mit einem staatlich anerkannten privaten Internatsgymnasium auf. Der Amtsarzt befürwortete aus dringenden gesundheitlichen Gründen, das Kind dort beschulen zu lassen. Ab September 2018 besuchte das Kind schließlich diese Schule.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2018 machten die Eltern die Kosten des Internatsgymnasiums i. H. v. 37.713 EUR als Krankheitskosten des Kindes im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen geltend; enthalten waren in den Kosten u. a. Schulgeld, Betreuungskosten, Aufnahmegebühren und Verpflegungs- und Übernachtungskosten. In der Einkommensteuererklärung 2019 machten die Eltern schließlich Kosten von 40.159 EUR geltend. Das Finanzamt erkannte die Kosten des Schulbesuchs nicht an und verwies darauf, dass es an der Zwangsläufigkeit fehle und keine Krankheit ersichtlich sei, die geheilt oder gelindert werden müsse.

Entscheidung

Das FG erkannte die Kosten des Schulbesuchs nicht als außergewöhnliche Belastungen an.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung können Kosten für Privatschulbesuche nur unter engen Voraussetzungen als unmittelbare Krankheitskosten angesehen werden. Erforderlich ist hierfür, dass der Schulbesuch zum Zwecke einer Heilbehandlung erfolgt und dort unter Aufsicht medizinisch geschulten Fachpersonals eine spezielle Heilbehandlung durchgeführt wird.

Dies war vorliegend nicht der Fall, denn eine Therapie hinsichtlich der Beschwerden des Kindes hatte an der Schule nicht stattgefunden. Kosten für einen Privatschulbesuch sind grundsätzlich nicht außergewöhnlich, auch wenn das Kind lernbehindert ist. Zwar hatte der Amtsarzt den Schulbesuch im vorliegenden Fall dringend empfohlen, hieraus ergab sich jedoch keine zwangsläufige medizinische Indikation des Schulbesuchs. Die Schule war (auch) im Hinblick auf die Hochbegabung ausgewählt worden; eine Hochbegabung als solche stellt jedoch keine Erkrankung dar. Es genügte dem FG nicht, dass der Schulbesuch aus sozialen, psychologischen oder pädagogischen Gründen erfolgt war.

 

Corona-Überbrückungshilfen sind steuerpflichtig

 

Die Zahlungen des Landes NRW einer Corona-Überbrückungshilfe für Selbstständige i. H. v. 1.000 EUR pro Monat im Zeitraum Juni bis August 2020 sind aufgrund des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen den Leistungen und der betrieblichen Tätigkeit als Betriebseinnahmen steuerpflichtig.

Hintergrund

Das Land NRW hatte im Rahmen der für den Zeitraum Juni bis August 2020 bewilligten Überbrückungshilfe (Überbrückungshilfe I) den aus Bundesmitteln finanzierten Teil durch eine aus Landesmitteln gespeiste sog. NRW Überbrückungshilfe Plus ergänzt. Diese sah für Solo-Selbstständige, Freiberufler und im Unternehmen tätige Inhaber von Einzelunternehmen sowie Personengesellschaften eine Zahlung i. H. v. 1.000 EUR pro Monat für maximal 3 Monate (Juni, Juli und/oder August 2020) als Wirtschaftsförderungsleistung vor, wenn für diese Zeit keine Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) gezahlt wurde.

Dies erfolgte vor dem Hintergrund, dass das Bundesprogramm der Überbrückungshilfe I bestimmte, dass Kosten des privaten Lebensunterhalts nicht abgedeckt waren. Da viele Unternehmensinhaber, Freiberufler und Solo-Selbstständige die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld II nicht erfüllten, sollte ihnen durch die NRW Überbrückungshilfe Plus geholfen werden, wenn sie die Antragsvoraussetzungen für die Überbrückungshilfe des Bundes erfüllten.

Das Finanzamt erhöhte den Gewinn um die erhaltenen Überbrückungshilfen.

Entscheidung

Das FG wies die eingelegte Klage ab. Es entschied, dass es sich bei der Corona-Überbrückungshilfe auch insoweit um Betriebseinnahmen handelt, als das Land NRW damit pauschal 1.000 EUR monatlich für Lebenshaltungskosten an den Steuerpflichtigen gezahlt hat.

Mit der Zahlung der NRW Überbrückungshilfe Plus konnten Ausgaben für die private Lebensführung beglichen werden. Voraussetzung für die Bewilligung dieser Überbrückungshilfe war jedoch, dass der Umsatzrückgang im Fördermonat mindestens 40 % im Vergleich zum Umsatz des Vergleichsmonats betrug. Andernfalls entfiel die Wirtschaftsförderung von pauschal 1.000 EUR anteilig für den jeweiligen Fördermonat.

Vor diesem Hintergrund beurteilte das FG die Zahlungen der NRW Überbrückungshilfe Plus für die Monate Juni bis August 2020 als Betriebseinnahmen des Steuerpflichtigen, da zwischen den Leistungen und dem Betrieb des Steuerpflichtigen ein wirtschaftlicher Zusammenhang bestand.

Die Unterstützung gem. Nr. 5 Abs. 8 der Überbrückungshilfe NRW wurde nur an Freiberufler und Unternehmer gezahlt, die ihre Tätigkeit während des Förderzeitraums im Haupterwerb von einer in NRW befindlichen Betriebsstätte oder einem in NRW befindlichen Sitz der Geschäftsführung aus ausführten.

Die Zahlung der NRW Überbrückungshilfe Plus hing zudem von der Höhe des Umsatzes im Förderzeitraum im Vergleich zum Umsatz des Vergleichsmonats ab. Die Zuwendungen wurden vom Land NRW geleistet, um dem Empfänger die Möglichkeit zu geben, sich weiter der betrieblichen oder freiberuflichen Tätigkeit zu widmen.

Die Zahlungen waren auch nicht nach § 3 Nr. 2 Buchst. d EStG oder nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Nach § 3 Nr. 2 Buchst. d EStG sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II steuerfrei. Damit war im Streitjahr das sog. Arbeitslosengeld II gemeint, das als "Grundsicherung für Arbeitssuchende" eingeführt worden war. Eine entsprechende Anwendung der Steuerbefreiung von Leistungen des Arbeitslosengeldes II auf Bezüge aus öffentlichen Mitteln für Personen, die – wie der Steuerpflichtige – nicht arbeitsuchend sind, sondern Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielen, kommt nach Auffassung des FG nicht in Betracht. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG greift nicht, weil die Mittel nicht wegen einer Hilfsbedürftigkeit des Steuerpflichtigen bewilligt wurden.

 

 

Gewinnaufschlag für die Auflösung einer § 6b EstG Rücklage ist verfassungskonform

 

Der Gewinnzuschlag, der bei Auflösung einer § 6b-Rücklage wegen Nichtdurchführung der Reinvestition entsteht, ist nicht mit den durch das Bundesverfassungsgericht für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 als verfassungswidrig eingestuften Nachzahlungszinsen zu vergleichen.

Hintergrund

Die Klägerin X war in einer Erbengemeinschaft (Mit-)Eigentümerin eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft. Die Gemeinschaft veräußerte ein Grundstück an die Stadt. Als Gegenleistung übertrug die Stadt diverse Grundstücke an die Gemeinschaft. Zusätzlich zahlte die Stadt ein Aufgeld.

Anlässlich der Grundstücksveräußerung ergab sich ein Veräußerungsgewinn. Hiervon abgezogen wurden gem. § 6b EStG die Anschaffungskosten inklusive Nebenkosten für die von der Stadt übertragenen Grundstücke. Nach gewinnerhöhender Auflösung eines weiteren Betrags ergab sich im Wirtschaftsjahr 2018/2019 ein Stand der Rücklage gem. § 6b EStG zum 30.1.2019 i. H. v. von XXX EUR.

Mit Gesellschaftsvertrag wurde zum XX.XX.2020 eine GbR, Klägerin Y, gegründet; Gesellschafter waren C. D. und die Klägerin X in Erbengemeinschaft zu 2/3 und A.B., zu 1/3. Die Erbengemeinschaft C. D./ Klägerin X überließ der Klägerin Y die gesamten Betriebsflächen und sämtliche Wirtschaftsgebäude zur Nutzung. Sie stellten Sonderbetriebsvermögen der Erbengemeinschaft dar und wurden dorthin einschließlich der Rücklage gem. § 6b EStG zu Buchwerten übertragen.

Des Weiteren brachten die Gesellschafter die betrieblichen Forderungen, die kurzfristigen Verbindlichkeiten, das lebende und tote Inventar, das Vorratsvermögen und die Zahlungsansprüche nach § 6 Abs. 3 EStG zu Buchwerten in das Gesamthandsvermögen der Klägerin ein. lm Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 2020/2021 löste die Klägerin Y die Rücklage nach § 6b EStG in Höhe eines Teilbetrags in der Sonderbilanz der Erbengemeinschaft C. D./ Klägerin X auf. Wegen der Nichtinanspruchnahme der Rücklage nahm sie einen außerbilanziellen Gewinnzuschlag nach § 6b EStG vor. Im Jahr 2021 verstarb C. D. und Alleinerbin wurde die Klägerin X.

Der Beklagte stellte mit Bescheid für 2020 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 25.2.2022 die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft wie erklärt fest. Im Sonderbetriebsgewinn waren der hälftige Betrag aus der Auflösung der § 6b-Rücklage und außerbilanziell der hälftige Gewinnzuschlag gem. § 6b Abs. 7 EStG enthalten.

Gegen den ergangenen Feststellungsbescheid legte die Klägerin Y Einspruch ein. Zur Begründung trug sie u. a. vor, dass aufgrund eines vor dem FG Münster anhängigen Verfahrens zu der Frage, ob die gesetzlich festgelegte Höhe der Säumniszuschläge von 1 % pro Monat verfassungsgemäß sei, mit Entscheidungen zu anderen Verzinsungstatbeständen insbesondere zu § 6b EStG zu rechnen sei. Insoweit begehrte die Klägerin ein Ruhen des Verfahrens. Das Finanzamt lehnte ein Ruhen des Verfahrens ab und wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Entscheidung

Die hiergegen erhobene zulässige Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat zutreffend wegen der fehlenden Reinvestition einen außerbilanziellen Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG angesetzt. Das Gericht verweist u. a. darauf, dass, soweit eine nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG gebildete Rücklage gewinnerhöhend aufzulösen sei, ohne dass ein entsprechender Betrag nach § 6b Abs. 3 EStG abgezogen wird, der Gewinn des Wirtschaftsjahres, in dem die Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 % des aufgelösten Rücklagenbetrags zu erhöhen sei.

Diese Voraussetzungen lägen im gegebenen Fall unstreitig vor. Im Hinblick auf die Höhe des Gewinnzuschlags sei das Gericht jedoch nicht von deren Verfassungswidrigkeit überzeugt. Das Verfahren sei daher nicht gem. § 74 FGO auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 Abs. 1 GG die Frage vorzulegen, ob § 6b Abs. 7 EStG mit dem Grundgesetz, insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG, vereinbar ist. Zwar führe § 6b Abs. 7 EStG zu einer Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Steuerpflichtigen, die Anlagegüter veräußern. Gemessen am allgemeinen Gleichheitssatz erweise sich diese Ungleichbehandlung aber als verfassungsgemäß.

Auch im Hinblick auf die Neuregelung zur Höhe der Nachzahlungs- und Erstattungszinsen in § 238 Abs. 1a AO ergebe sich nach der Überzeugung des Gerichts kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

Insoweit sei zu beachten, dass sich die Unvereinbarkeitserklärung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich nicht auf andere Verzinsungstatbestände erstreckt, also insbesondere nicht auf Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen, sodass insoweit keine gesetzgeberische Anpassung des Zinssatzes erfolgte.

Im Rahmen dieser Verzinsungstatbestände hat es der Steuerpflichtige selbst in der Hand, eine Zinspflicht auszulösen. Hängt die Erfüllung eines Zinstatbestands dergestalt vom Willen des Steuerpflichtigen ab, sei der Gesetzgeber berechtigt, einen vom Marktniveau unabhängigen Zinssatz festzusetzen. Für den Gewinnzuschlag des § 6b Abs. 7 EStG gelte dieses in gleicher Weise. Eine Änderung der Zuschlagshöhe bedürfte einer Gesetzesänderung durch den Gesetzgeber.

 

 

 

 

Stand: 06.03.2024: Alle Informationen und Angaben in dieser Mandanten-Information haben wir nach bestem Wissen zusammengestellt. Sie erfolgen jedoch ohne Gewähr. Diese Information kann eine individuelle Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.

 

 


 

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